Bericht des Naturschutzvereins Schönenberg über den Zustand und den Handlungsbedarf in den Bereichen Natur- und Landschaftsschutz in der Gemeinde Schönenberg (ZH)
Autoren: Dr. Markus Hohl & Felix Brandt, Naturschutzverein Schönenberg, 2008

Ausgangslage

Die Gemeinde Schönenberg (ZH) weist neben grossen Naturschutzgebieten von regionaler und nationaler Bedeutung eine beachtliche Anzahl kommunaler Schutzgebiete auf.

Bei den Schutzgebieten handelt es sich in der Regel um Riedwiesen, um bachbegleitende Ufergehölze und markante Einzelbäume. Zusammen mit den regionalen Schutzgebieten bilden die Riedwiesen von kommunaler Bedeutung ein Mosaik, bei dem die kleineren kommunalen Gebiete wie Trittsteine zwischen den grösseren regionalen Gebieten liegen. Die einzelnen Schutzgebiete sind aber kaum miteinander vernetzt bzw. sehr stark voneinander isoliert. Die Ufergehölze zeihen sich linear durch die Moränenlandschaft und wirken wie Verbindungen zwischen verschiedenen Landschaftkompartimenten und Habitattypen (Wald, Wiese, Teiche etc.).

Der Schutz dieser Gebiete wurde 1986, gestützt auf das Planungs- und Baugesetz (RPG) des Kantons Zürich von 1975, in der kommunalen Verordnung über den Natur- und Landschaftsschutz vom Gemeinderat rechtlich verankert.

Die Verordnung umfasst eine Auflistung (Inventar) der zu schützenden Gebiete und Objekte in der Gemeinde und formuliert allgemeine Schutzziele und Schutzmassnahmen, die der Erhaltung von Feuchtgebieten, Landschaftsschutzobjekten und Landschafsschutz-Einzelobjekten dienen.

Über den jetzigen Zustand der erwähnten Gebiete und der Objekte ist sehr wenig bekannt und nach 21 Jahren ist unklar, ob mit den in der Verordnung genannten Massnahmen die Schutzziele auch erreicht wurden. Deshalb beschloss der Naturschutzverein Schönenberg im Jahr 2007 diese Wissenslücke zu schliessen.


Rechtliche Grundlagen

Grundlage für den Naturschutz bildet Artikel 78 über Natur- und Heimatschutz der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV) vom 18. Mai 1999. Der Naturschutz ist im Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) vom 1. Juli 1966 geregelt.

Für die Umsetzung des Naturschutzes sind die Kantone verantwortlich. Der Natur- und Heimatschutz ist im Gesetz über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht (Planungs- und Baugesetz, PBG) vom 7. September 1975 geregelt. In der Verordnung über den Natur- und Heimatschutz und über die kommunalen Erholungsflächen (Natur- und Heimatschutzverordnung vom 20. Juni 1977) werden die Gemeinden dazu verpflichtet, kommunale Inventare von Schutzobjekten zu erstellen. Ihr Schutz wird durch Verordnungen gewährleistet (RPG §§ 205). In Schönenberg (ZH) gilt seit 1986, basierend auf §§ 203, 206 und 211 RPG, die kommunale Verordnung über den Natur- und Landschaftsschutz.

Ziel

Der Bericht soll aufzeigen, ob der Schutz der Gebiete und Objekte gewährleistet ist, wie es in der Verordnung gesetzlich vorgeschrieben wird.

Zusätzlich wurde geprüft, ob die Ziele in der Naturschutzpolitik der Gemeinde Schönenberg erreicht wurden und werden.

Weiter sollen erste Informationen bereitgestellt werden, ob die Verordnungs- und Schutztexte des Gemeinderates von 1986 noch mit dem aktuellen Zustand der Schutzgebiete und –objekte übereinstimmen und ob die bestehende Verordnung für einen effizienten Schutz inhaltlich erweitert werden muss.


Dokumentation

Die Schutzgebiete und –objekte wurden alle fotografiert. Die gemachten Fotos dokumentieren ihren Zustand im Jahr 2007/2008 und wurden zu zukünftigen Vergleichszwecken in einer Datenbank des Naturschutzvereines angelegt.

Objektbeschreibungen in der kommunalen Verordnung

Die Verordnung des Gemeinderates von 1986 unterscheidet 3 verschiedene Typen von Schutzobjekten:

  • 9 Feuchtgebiete (Bezeichnung N1-N9).
    Bei den Naturschutzobjekten N1-N9 handelt es sich um Feuchtgebiete, bzw. Feuchtwiesen.
  • 8 Landschafts-Schutzobjekte (Bezeichnung L1-L8).
    Die Landschafts-Schutzobjekte L1-L8 sind oberirdische Gewässer, in der Regel Bäche, mit einer uferbegleitenden Vegetation und Hecken.
  • 27 Einzelobjekte - Bäume (Bezeichnung B1-B27).
    Bei den 27 Landschaftsschutz-Einzelobjekten handelt es sich ausschliesslich um Bäume.

Resultate

Naturschutzobjekte N1-N9, Feuchtgebiete

Die feuchten Wiesen sind alle noch vorhanden und gut zu erkennen. Die einzige geschützte Trockenwiese im Gebiet Oberhüsli wird in der Verordnung nicht explizit erwähnt.

Alle Objekte zeigen wenig Verbrachung, was auf eine mehrheitlich regelmässige Bewirtschaftung schliessen lässt. Alle Wiesen weisen eine relativ hohe Artenvielfalt auf und überall sind typische Feuchtwiesenpflanzen zu finden. Der Wiesencharakter ist aber stellenweise auf Kosten von Hochstauden verloren gegangen, was auf eine deutliche Eutrophierung hinweist. Die Mehrheit zeigt zudem eine deutliche Verschilfung. Andere Problempflanzen wie Goldruten etc. sind noch keine vorhanden.

Das Gebiet N5 wurde in den vergangenen Jahren mit Schafen beweidet. Dementsprechend hat das Gebiet den in der Verordnung genannten Charakter einer Feuchtwiese vollständig verloren.

Das Gebiet N6 verliert aufgrund der Veränderung der Bodenverhältnisse in der Umgebung durch Austrocknung allmählich seinen ursprünglichen Charakter.

Landschafts-Schutzobjekte L1-L8

Vier Landschaftsschutzobjekte (L2, L3, L6, L8) entsprechen noch den Beschreibungen in der Verordnung von 1986. Die Wiese von L8 wird aber in der Verordnung nicht erwähnt. Zudem stimmt die Fläche im Plan der Schutzverordnung von 1986 nicht mit jener bei der Aufnahme im Jahr 2000 überein.

L1 weist an vielen Stellen gar keine Bestockung mehr auf. Stellenweise wird das Vieh bis direkt an die Bäche geweidet. Ein Heckenteil des Objektes L7 fehlt vollständig.

Bei L1 und L5 wurden Gebäude direkt am Wasser aufgestellt. Zudem wurde Abfall (Grünmaterial, Bauschutt) entsorgt und Feuer gemacht.

Landschaftsschutz-Einzelobjekte B1-B27, Bäume

24 Bäume und Baumgruppen entsprechen heute noch dem Verordnungstext. Alle sind nach wie vor bestehend und machen einen gesunden Eindruck.

Ein Baum (B18) ist ersatzlos verschwunden.

B20 musste gefällt werden. Für diesen Baum wurde in der Nähe Ersatz geschaffen.

Beim Objekt B25 handelt es sich um eine Buche und nicht um eine Linde.


Verstösse und Probleme in kommunalen Naturschutzobjekten: Übersicht

  1. Fehlende Verpflockung in Landschafts- und Naturschutzobjekten.
  2. Nährstoffeintrag in Riedwiesen (N1-N9)
  3. Fehlender Krautsaum in den Bachbestockungen und Hecken.
  4. Illegale Deponien in Landschaftsschutzobjekten (L1, L2 Aabach, Mühlestalden 4 A, L3, L5, L6)
  5. Beweidung durch Schafe in einem Naturschutzobjekt (N5a)
  6. Veränderung von Grenzen in Naturschutzobjekten (Verkleinerung, N5b, N6, N8b)
  7. Das Gebiet N6 verliert seinen Riedcharakter, weil durch die Bautätigkeit in der Umgebung der Wasserhaushalt gestört wurde.
  8. Rodung von Heckenabschnitten und Bachbestockungen (L6, L7a )
  9. Unklarheit über ursprünglich durchgehende Bestockungen (L1 Chalchtaren-Langwies, Schützenmatt-Säge, Ufem Rain-Langwies, L4 vor Auhölzli, L5 )
  10. Verbuschung von Riedern (N8b, N3, Schützenmatt)
  11. Rückgang von Pfeifengras und Ausdehnung von Schilfbeständen in Riedflächen. (N5b, N8b, N10)
  12. Verschiebung einer Hochhecke entlang eines Hangrieds in Wisserlen (L7c)
  13. Überalterung verschiedener Hochhecken wegen fehlendem Unterhalt/Vernachlässigung (L7a, L7 b, L7c, L2)
  14. Fehlende Artenvielfalt in einigen Hochhecken. Beschränkung auf Eschen, Ahorn und Haselsträucher (evtl. durch Vernachlässigung) (L7a, L7c)
  15. Offensichtliche Unkenntnis betreffend Heckenpflege. Am einzigen Standort, wo auf den Stock gesetzt wurde, ist eine Bestockung praktisch nicht vorhanden (L5)
  16. Verwechslung bei Inventarisierung einer Baumart (Einzelstandort B 25, Linde statt Buche)
  17. Verschwinden von geschützten Bäume an Einzelstandorten (B18, B22)
  18. Unklarheit über tatsächlich unter Schutz gestellte Bäume in der Langwies (B13).

Fazit

Die Ziele der Gemeinde Schönenberg (ZH) im Bereich Natur- und Landschaftsschutz konnten nur teilweise erreicht werden. Trotz der Schutzverordnung sowie den vorgeschriebenen Schutzmassnahmen ist es in vielen Fällen nicht gelungen, die Gebiete effizient zu schützen und zu erhalten. Insbesondere die Feuchtwiesen, geschützten Hecken und Ufergehölze von Bächen haben an Naturschutzwert verloren oder sind im Begriff ihn zu verlieren.

Bei den geschützten Bäumen fällt die Bilanz sehr positiv aus. Nur ein einziger Baum von 27 Objekten fehlt nach 21 Jahren.

In wenigen Fällen konnten klare Verstösse gegen die Verordnung festgestellt werden. Das Beweiden von Naturschutzobjekten, wie in N5 beobachtet, ist gemäss der Verordnung verboten. Das Errichten von Bauten an und auf Landschaftsschutzobjekten sowie das Beweiden der Uferregionen, wie im Falle von L1, sind ebenfalls verboten. Im Falle von L7 sind ganze Teile von Schutzobjekten spurlos und ersatzlos verschwunden. Gemäss der Verordnung werden alle Verstösse bestraft. Zudem wird verlangt, dass der frühere Zustand wieder hergestellt werden muss.

Der Vergleich des Verordnungstextes mit dem Ist-Zustand hat gezeigt, dass die Verordnung in vielen Fällen inkorrekt geworden ist. Der Verordnungstext ist damit mehrheitlich falsch und führt zur Rechtsunsicherheit bei den Eigentümern, den Bewirtschaftern und dem Naturschutz. Nach der letzten Heckenpflege des Naturschutzvereins im Naturschutzgebiet Oberhüsli wurde z.B. ein Teil des Grünmaterials von den Gemeindearbeitern auf der Wiese des Naturschutzgebietes verbrannt. Das Vergehen hätte eigentlich zur Selbstanzeige der Gemeinde führen müssen. Der Grund für das Vergehen ist wahrscheinlich auf die unklare Beschreibung des Gebietes im Verordnungstext zurückzuführen. Damit in Zukunft keine Missverständnisse mehr entstehen können, sollte diese Wiese im Verordnungstext explizit erwähnt werden.


Empfehlungen des Naturschutzvereins

Die Untersuchung des Naturschutzvereins hat gezeigt, dass eine Anpassung der Verordnung an die neue Situation dringend notwendig ist. Die veraltete Verordnung entspricht den neuen Verhältnissen, den Veränderungen der Schutzgebiete und den neu aufgetretenen Risiken nicht mehr.

Die Veränderungen in den Naturschutzobjekten und den Landschaftsschutzobjekten zeigen, dass allein die Verordnung nicht ausreicht, ihre genannten Ziele zu erreichen. Es sind neben der Verordnung angepasste Pflegekonzepte zu entwickeln, in denen die Ziele und Massnahmen gebietsspezifisch, befristet festgelegt werden.

Die Schutzzonen müssen markiert werden, damit in Zukunft alle erkennen können, wo sich die Grenzen der Gebiete befinden.

In den Fällen festgestellter Verstösse gegen die bestehende Verordnung empfiehlt der Naturschutzverein, in einem ersten Schritt Aussprachen zwischen den verschiedenen Interessensgruppen zu organisieren. Allfällige Anzeigen sollen erst in einem zweiten Schritt ins Auge gefasst werden.

Die geschädigten und/ oder zerstörten Naturschutzobjekte müssen gemäss der Naturschutzverordnung vollumfänglich wiederhergestellt werden. In einigen Fällen steht bereits jetzt fest, dass die zerstörten Schutzgebiete nicht wiederhergestellt werden können oder nur dann, wenn mehrere 10'000 Franken investiert würden. In diesen Fällen sollen die Vertreter der Gemeinde, die Bewirtschafter und die Vertreter des Naturschutzes gemeinsam nach pragmatischen Lösungen suchen.

Nach 21 Jahren wird es Zeit, eine moderne rechtliche Grundlage bereitzustellen, die die Natur und die Landschaft langfristig erhält und deren ökologischen Wert steigert. Eine intakte Natur und eine bezaubernde Landschaft gehören heute zu wichtigen Standortfaktoren, welche Menschen dazu bewegen, sich an einem Ort niederzulassen. Bauland und Liegenschaften in der Nähe von Naturschutzgebieten verzeichnen deutlich mehr Rendite als andere. Insofern ist Schönenberg dabei, einer ihrer attraktivsten Ressourcen und ein grosses Kapital zu verspielen. Aus wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Gründen empfiehlt der Naturschutzverein der Gemeinde, ihre Bemühungen im Bereich Natur- und Landschaftsschutz zu verstärken. Ein erster Schritt wäre dabei die Überarbeitung der kommunalen Naturschutzverordnung.

Dank

Der Verein dankt allen Helfern und Helferinnen, die dazu beigetragen haben, diesen Bericht zu realisieren. Im Minimum wurden 120 Stunden ehrenamtliche Arbeit geleistet. Gerechnet mit KBOB Tarifen des Kantons Zürich entspricht dies bei einem Ansatz Kategorie E CHF 95.-, der erfahrungsgemäss für Arbeiten dieser Art verrechnet werden kann,CHF 11‘400.00.